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Den ersten Angriff überstehen

Selbstverteidigung, Kampftaktik
18.06.2024

Den ersten Angriff überstehen

Da muss erst einmal Einigkeit hergestellt werden, was der erste Angriff überhaupt ist. Meistens assoziiert man das mit dem ersten körperlichen Angriff. Wenn das passiert. Hat man aber schon drei Runden verloren.

1. Die Wahrnehmung als Opfer

2. Der erste Blickkontakt

3. Das Anpöbeln, einschüchtern und in die Distanz labern

4. Es geht los

Die stufen eins und zwei, würde ich noch als Vorstufe definieren. Was sie aber nicht weniger wichtig macht.

Stufe eins

Hier ist es noch am einfachsten, etwas zu tun. Der erste persönliche Kontakt hat noch nicht stattgefunden. Es geht nur darum, wie wir von der Umwelt wahrgenommen werden. Unsere Körpersprache.

Zieht man den Kopf zwischen die Schultern und sieht sich ständig um, ist das Signal: „ich hab‘ Angst!“. Eine Delikatesse für jeden, der ein Opfer für seinen Frust sucht.

Trägt man den Kopf hoch, die Schultern, entspannt herunter und etwas nach hinten und den Körper gerade, wirkt man entspannt und selbstbewusst. Ob man es nun ist, oder nicht. Die Wahrscheinlichkeit, als Opfer angesehen zu werden, ist deutlich geringer. Die wenigsten, die Streit suchen, suchen sich einen Gegner. Sie wollen ja „nur“, jemanden erniedrigen. Sich eine Selbstbewusste Körpersprache anzueignen (sich etwas anzugewöhnen, dauert ca. drei Wochen strammes Training), ist also der erste Schritt, wahrscheinlich nicht angegriffen zu werden.

Eine Garantie, gibt’s freilich nicht. Aber das Leben wird deutlich einfacher. Egal, ob man Mann oder Frau ist.

Stufe zwei

Normalerweise nimmt der Mensch, wie jedes andere Tier auch, die Körpersprache unbewusst wahr und verhält sich entsprechend. Heutzutage sind nicht wenige Zeitgenossen jedoch so abgestumpft, oder verkopft, dass sie Körpersprache komplett ignorieren. Vielleicht ist unser körpersprachliches Signal auch fehlerhaft, nicht vollkommen oder deutlich genug. Jedenfalls kommt es zum Blickkontakt.

Wenn ein Mensch sein Gegenüber länger als etwa zwei Sekunden ansieht, ist das ein eindeutiges Signal für irgendeine Art von Interesse. Das sagt noch nichts über die Intention des Interessierten aus. Ist man nicht an einer näheren Bekanntschaft interessiert, bricht man den Blickkontakt sofort ab und sieht sich scheinbar ziellos um, oder fährt mit dem fort, was man zuvor getan hat (natürlich nicht, ohne sein Gegenüber heimlich, weiter im Auge zu behalten). Das heißt, auf die Frage, die der Kontakt stellt, kommt keine Antwort zurück. Die ist aber normalerweise erforderlich, um die Situation weiter eskalieren zu lassen. Jedenfalls, wenn es nur um Stress machen geht.

Bei der Konstellation „Mann-Frau“, ist das Mittel der Wahl das gleiche. Das vortäuschen von

„nicht wahrnehmen“ oder signalisieren von Desinteresse.

Natürlich gibt’s auch hier, keine Garantiekarte. Es gibt verschiedene Erklärungen, warum der Aggressor trotzdem seinen Angriff startet. Betrunken, zu abgestumpft oder eine gemeinsame Vorgeschichte, oder andere Gründe. Die Welt ist bunt.

Vielleicht möchte ich ja auch Kontakt. Dann muss ich halt das Risiko eingehen, dass es vielleicht ein unangenehmer wird. Das ist Leben.

Stufe drei

Jetzt kommt der Moment der Offenbarung. Der Initiator lässt die Katze aus dem Sack. Im günstigen Fall gibt’s jetzt ein nettes Gespräch, und alles weitere wird sich fügen. Im ungünstigen Fall, kommt jetzt der Standard-Spruch. „Hey du, was guckst du so blöd?“. Nun hilft kein ignorieren mehr. Also muss eine Reaktion kommen. „Entschuldige, ich hab‘ dich mit jemandem verwechselt.“ Das wäre eine Möglichkeit, der Aggression den Wind aus dem Segel zu nehmen. Kann funktionieren, muss aber nicht. Was man auf jeden Fall tun sollte, ist, die Hände vor den Körper zu nehmen, um für den Eskalationsfall gerüstet zu sein. Dabei achtet man darauf, dass die Vorhand des Angreifers unter Kontrolle ist. Dies sollte nicht wie eine Kampfhaltung aussehen, sondern, die Handflächen nach vorn, beschwichtigend, kommunikativ.

„Aber ich hab‘ doch gar nicht…“ wäre jetzt das falsche Signal. Das würde den Verteidiger als Opfer ausweisen. Grund genug, die Eskalation weiter voranzutreiben.

Vielmehr sollte man, die Hände vor dem Körper, „Halt, Stopp. Was willst du von mir? Lass mich in Ruhe!“ erst mal die potenziellen Zeugen alarmieren. Sonst schauen sie möglicherweise erst hin, wenn der Angreifer am Boden liegt und der Verteidiger, mit noch geballten Fäusten vor ihm steht. Außerdem macht dies, das Handeln des Angreifers öffentlich. Wohlwissend, dass er es ist, will der Aggressor ja nicht in aller Offenheit als der Bösewicht gelten. Mitunter beendet das schon die Situation. Häufig, aber auch nicht. Auf jeden Fall sind die Fronten jetzt eröffnet.

Unter Beleidigungen und Verwünschungen, redet der Angreifer sich jetzt auf die richtige Distanz, um zuzuschlagen. Mitunter geht das mit der Einschüchterung noch Minuten weiter, bevor es knallt.

Das ist das Adrenalin-Spiel. Der Angreifer redet sich in Rage und tankt genug Adrenalin, um zu starten. Der Verteidiger wird verbal, pausenlos attackiert und das Adrenalin macht ihn Flucht- aber nicht unbedingt Kampf-bereit. Wenn er nicht flüchten möchte oder kann muss er also handeln, bevor es dazu kommt. Da seine Hand sich im Weg der Vorhand des Bösen befindet, hat dieser nur eine Hand zur Verfügung, um die Attacke auf den Weg zu bringen. Die hintere, die den ganzen weiten Weg zum Ziel zurücklegen muss und zu dem meist zum Ausholen, noch weiter zurückgenommen wird. Der Verteidiger ergreift nun die Vorhand des Anderen, zupft daran, was die Schulter des Bösen noch weiter vorwärts zieht (was es ihm erschweren sollte, den Kopf des Gegenübers entscheidend zu treffen), macht einen Schritt auf sein Gegenüber zu und schlägt seinerseits, möglichst beherzt, seitlich an den Kopf des Angreifers. Das Ziel muss es sein, den Gegner mit dem ersten Treffer KO zu schlagen. Gelingt das nicht, muss so lange angegriffen werden, bis die Situation geklärt ist.

Natürlich ist das kein Selbstläufer und muss ausgiebig trainiert werden.

Varianten

So, oder ähnlich spielen sich Schlägereien unter Männern, häufig ab. Wir nennen es „männlicher Ritualkampf“.

In der Konstellation „Mann-Frau“ ist es oft ähnlich. Ein anderer Anmach-Spruch, die Beleidigungen werden durch Schmeicheleien ersetzt. Nach der Annäherung geht ein Arm um die Schultern der „weniger glücklichen“ oder, bei Gegenwehr gibt’s eine gehörige Ohrfeige. Die Bewegungen sind fast gleich. Entsprechend, die Abwehr. Auch die muss ausgiebig gelernt und trainiert werden

Grundsätzlich ist zu sagen, dass eine fehlerhafte Gegenwehr, besser funktioniert als gar keine. Viele Übergriffe auf Frauen werden aufgrund der Tatsache beendet, dass überhaupt eine Gegenwehr stattfindet. Auch Vergewaltiger wollen Opfer. Keine Gegner. Ausnahmen bestätigen die Regel. Wieder einmal, gibt es keine Garantie.

Fazit

Gerade bei der letzteren Konstellation gibt es zahllose mögliche Scenarien, die es zu durchdenken und zu trainieren gilt. Sie alle hier aufzuzählen, würde den Rahmen eines Blogbeitrags sprengen. Das erfordert schon ein Buch.

Das Standard-Scenario deckt jedoch schon einiges an Grundsätzlichkeiten ab. Näheres erfährt man bei einer örtlichen EWTO-Schule, die dem Ratsuchenden sicherlich gerne weiterhilft.

Näheres gibt’s im Internet unter

https://www.ewto.com

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